KÖPFE DER GEGENWART

Douglas Rushkoff
 

TEXT: BJÖRN BRÜCKERHOFF
BILD: DOUGLAS RUSHKOFF

Douglas Rushkoff ist Autor, Journalist (New York Times, Guardian, Esquire, Time), U.N.-Berater in Medien-Fragen und Professor an der University of New York sowie Dozent in Harvard. Der Medienspezialist und Sozialtheoretiker nahm sich trotz einen engen Terminplanes die Zeit, einen interessanten Dialog zu führen.

Brückerhoff: Douglas, woher kommt Ihr Interesse an den Medien?

Douglas Rushkoff: Ich interessiere mich sehr für die Medien und das Verhältnis der Medien zu unserer Kultur. Deshalb habe ich Bücher darüber geschrieben und mein Leben dem Studium der Medien gewidmet. Auf die Frage, woher all dieses Interesse kommt, kann ich nur eines sagen: vermutlich dadurch, dass ich als Kind zuviel Fernsehen geguckt habe. Ich habe verdammt viel Zeit vor der Mattscheibe verbracht. Und da ich ein halbwegs cleveres Kind war, habe ich mehr und mehr beobachtet, wie die Shows aufgebaut waren - anstatt die Shows selbst zu sehen. Und so wurde ein Medientheoretiker geboren!

Brückerhoff: Und dann?

Douglas Rushkoff: Zuerst habe ich Fernsehspiele geschrieben, dann schrieb ich eine politische Kolumne und Medienkritiken für Magazine. Weil es niemanden gab, der über die Themen schrieb, die ich für wichtig hielt, schrieb ich sie auf. Aufkommende Technologien, die Rave-Kultur, neue Wege des Denkens. Es war nötig, den Leuten zu erzählen, was vorgeht.

Brückerhoff: In einem Ihrer Interviews, das ich vor kurzem im Fernsehen sah, sagten Sie, dass die Bedeutung des Wortes "Internet" sich verändert habe.


Douglas Rushkoff: Als die Leute "Internet" sagten, meinten Sie IRC, bulletin boards, CUSeeMe, Newsgroups, email, und all diese Arten der Kommunikation. Heute ist das Internet für die meisten Leute das World Wide Web.

Brückerhoff: Sind Ihre Bücher gefährlich?


Douglas Rushkoff: Ich würde mich freuen, wenn sie es wären. Aber sie sind es vermutlich nicht. Sogar die gefährlichsten Ideen -- wie die in Media Virus werden mehr von Werbeagenturen genutzt, als von Kulturgegnern und Revolutionären.

Brückerhoff: Wie hat das Netz Dein Leben verändert?

Douglas Rushkoff: Zunächst gab es mir die Möglichkeit, über etwas zu schreiben und einige meiner Ideen zu publizieren. Inzwischen ist es mehr eine Bürde als alles andere. Ich beantworte etwa 200 E-Mails jeden Morgen. Ich bin so etwas wie ein Kundenservice für meine Bücher.

Brückerhoff: Bietet das Netz eine realistische Chance, der Völkerverständigung zu helfen? Oder sehen Sie eine Gesellschaft der reichen User und der armen Techno-Outsiders?

Douglas Rushkoff: Beides. Es besteht immer die Gefahr, dass wir uns in viele kleine Stämme aufteilen, genau wie in reich und arm. Natürlich besteht auch die Gefahr, dass es eine große Monokultur gibt, wenn Leute wie Rupert Murdoch ihre Finger in allem haben. Der Trick ist, die Technologien kommunikativ zu halten - und nicht nur einseitig.

Brückerhoff: Hast du Idole?


Douglas Rushkoff: Keine Idole. Ich bin Jude - das ist uns nicht erlaubt.

Brückerhoff: Findest Du es gefährlich, dass wenige Firmen durch ihre technologische Entwicklung eine große Macht ausüben?

Douglas Rushkoff: Ich glaube, Microsoft gewinnt Macht durch die Möglichkeit, Standards zu setzen, Firmen zu kaufen und alles zu absorbieren oder zu zerstören, was in ihrem Weg liegt. Sie sind gut in einer Sache: neue Technologien aufnehmen - durch Immitation oder Kauf der Entwicklerfirma.

Brückerhoff: Wie wird das World Wide Web in zehn Jahren aussehen?

Douglas Rushkoff: Ich glaube, dass wir etwas ansehen werden, das sehr nach Fernsehen aussieht. Und keiner wird viele Worte darüber verlieren. Die meisten werden es sehen wie Fernsehen, vielleicht ein paar Sachen kaufen. Aber: Es wird vielleicht auch ein anderes Internet geben. Wo Amateure und Akademiker, verrückte Kids und Leute, die reden wollen, ein Forum finden. Vielleicht wird es textbasiert sein - ähnlich unserem WWW heute. So das alle Menschen mit unterschiedlichen technologischen Standards diese Internet-Welt erreichen können.

Brückerhoff:
Vielen Dank! Wann werden wir wieder Gelegenheit haben, eine Ihrer Lesungen in Deutschland zu verfolgen?

Douglas Rushkoff: Ich war schon einige Male in Deutschland. Mein letzter Besuch in der Region war in Linz, Österreich auf der Ars Electronica. Ich habe auch einige Vorträge in Berlin gehalten.
In nächster Zeit werde ich jedoch nicht nach Deutschland kommen.


 





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