Mobile Gaming

Die Emanzipation der Computerspiele



Text: Stephan Pohlkamp    Bild: Photocase.com

Was haben Fußball, Golf und Eishockey gemeinsam? Zum Spielen braucht man lediglich zwei Daumen. Per Handy kicken Fans heute ihre Lieblingsmannschaft bis zur Weltmeisterschaft, spielen auf den schönsten Plätzen der Welt gegen berühmte Golf-Profis oder erleben harte Kämpfe auf dem Eis. Dabei haben sich diese Spiele von hässlichen, ruckelnden 2-D-Minispielchen gemausert zu beinahe „vollwertigen" (d.h. konkurrenzfähigen) Videospielen. Fand man vor nicht allzu langer Zeit eher Umsetzungen einfacher Klassiker wie Tetris oder Pong auf mobilen Endgeräten, werden heute bei neu erscheinenden Spielen die Handy-Versionen gleich mitproduziert. Der Markt wächst – und damit auch das Interesse der Marktführer an der neuen Entwicklung.

Branchen-Größe
Bill Gates stellte die Bedeutung des Mobile Gaming für das kommende Betriebssystem Windows Vista auf der gerade vergangenen Electronic Entertainment Expo (E3) in Los Angeles heraus. Auch die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Im vergangenen Jahr wurden insgesamt zwei Milliarden Dollar in Handyspiele investiert. Die Marktforscher von Screen Digest rechnen bis 2010 mit einem weltweiten Umsatz von sieben Milliarden Dollar. Die Frage ist heute nicht mehr, ob jemand für Spiele auf der aufstrebenden Plattform zahlen wird, sondern wer. Der Kauf des Handyspiel-Anbieters Jamdat durch Electronic Arts (EA) für 684 Millionen Dollar zeigt, welches Potenzial dieser Markt birgt. EA hat den Betrag, den Jamdat für Forschung und Entwicklung aufwandte, verdoppelt. Jetzt fließt mehr Geld in die Spielentwicklung, als Jamdat 2005 insgesamt als eigenständiges Unternehmen verdiente. Nahezu jedes erfolgreiche Computer- oder Videospiel erfährt mittlerweile seine Umsetzung für mobile Endgeräte. Waren Spieler vor kurzem noch auf stationäre, schwere Geräte angewiesen und mussten ihrem Hobby am Schreibtisch nachgehen, sind sie beim Spielen heute frei in der Wahl von Ort und Zeit.

Neu ist diese Freiheit nicht: Ob „Schere, Stein, Papier", „Fußball" oder „Cowboy und Indianer": Jedes dieser Spielprinzipien ist von Anfang an darauf ausgerichtet gewesen, immer und überall zu funktionieren. Ihre virtuellen Pendants streifen jetzt lediglich die Ketten ab, die ihnen aufgrund mangelnder technischer Entwicklungen angelegt waren. Die Zukunft verspricht spannend zu werden.

Doch noch steckt Mobile Gaming in den Kinderschuhen – die Download-Spiele bringen noch nicht das Spielerlebnis, das sich viele erhofft haben. Neben der Mobilität fehlt vor allem das Gemeinschaftsgefühl. Doch die rasante Entwicklung neuer Funknetzwerk-Technologien, schnellerer und kostengünstiger Zugang zum Internet per Handy und die Verknüpfung des Mobile Gaming mit Betriebssystemen werden schon die nächste Generation von Handyspielen bestimmen. Wenn die Hersteller von Mobiltelefonen mitziehen, können sie den Markt voranbringen. Dann werden auch die Portale demnächst nicht mehr nur als unauffällige Einträge zwischen Werbeanzeigen präsent sein. Mobile Gaming verspricht, was viele Spieler sonst so schmerzlich vermissen: Günstige Spiele, motivierte neue Unternehmen und – hoffentlich – auch innovatives Gameplay.

AUSGABE 48
DIE GESELLSCHAFT DER SPIELER





STARTSEITE

EDITORIAL VON BJÖRN BRÜCKERHOFF

DIE ZUKUNFT DES SPIELENS
ENDLICH MAL RUNTERKOMMEN
SNIPERN, ROTZEN, RAUSROTZEN
INNOVATION UNTER DRUCK
MEIN LEBEN MIT (UND OHNE) DR. JONES
FLUCHT IN DIE TRAUMWELT
SCHLEICHWERBUNG IN COMPUTERSPIELEN
HEIMWEH NACH ZUKUNFT
MOBILE GAMING
LILA GEGEN GRÜN
STEILVORLAGE FÜR DIE FANTASIE
DIE FASZINATION DER STEINE
SPIELE UND JUGENDMEDIENSCHUTZ
FRÜHE ZEICHEN DER GLOBALISIERUNG
CYBERSPORT, CHEATS UND VIEL GELD

NEWSLETTER
ALLE AUSGABEN
STICHWORTVERZEICHNIS
ÜBER DAS MAGAZIN

IMPRESSUM




Diesen Artikel drucken