Blogger kontrollieren "Bild"



Text:
Björn Brückerhoff   Bild: Photocase.de


Die Erdachse kann kippen, Prinz Philipp in der Badewanne stürzen oder jeder "dritte Deutsche" zuschauen, wenn Katja Burkhard die TV-Sendung "Punkt 12" moderiert. Die „Bild-Zeitung“ weiß, wie es war. Und „BildBlog“ weiß, wie es wirklich war. Nämlich oft ganz anders. "Bildblog" ist ein Beispiel, wie die Betreiber von Weblogs als Korrektiv einer Print-Zeitung auftreten können. Und ganz nebenbei die Frage beantworten, ob "Blogger" Journalisten sind.

Die "Bild"-Zeitung aus dem Axel Springer Verlag ist mit zwölf Millionen Lesern täglich unbestrittener Meinungsmacher in Deutschland. „BildBlog“ ist ein Weblog ausschließlich über die "Bild"-Zeitung. Die Macher wissen: „Was heute in der Zeitung mit der größten Auflage Deutschlands steht, steht morgen überall.“ Deshalb sind sie dagegen, alle Geschichten in „Bild“ nur als amüsante Unterhaltung ohne Tiefgang zu sehen. Insbesondere jene Geschichten, bei denen Menschen Unrecht geschieht. Dagegen "bloggen" die Macher an. Und natürlich auch gegen Eigenwerbung, Unmoralisches und "grob Fahrlässiges" in der Berichterstattung.

So deckt "BildBlog" regelmäßig bestimmte Herkunfts-Häufungen bei den "Gewinnern des Tages" in der "Bild"-Zeitung auf, die zum Beispiel Christian Kracht mit der Zeitschrift "Der Freund" (Axel Springer Verlag), die "Welt kompakt" (Axel Springer Verlag), die Website "Auto Bild.de Automarkt" (Axel Springer Verlag), Dieter Stolte (Axel Springer Verlag) oder Hans-Olaf Henkel (Axel Springer-Autor) heißen.

Und natürlich schaut nicht jeder dritte Deutsche Katja Burkhard bei ihrer Moderation der Sendung "Punkt 12" zu. Das wären 27 Millionen Zuschauer. Etwas genauer betrachtet ist es vermutlich nur jeder 35. Deutsche, denn Nachmittags sitzen nur etwa acht Millionen Zuschauer insgesamt vor dem Fernseher. Diese Abweichungen sind vielleicht nicht weltbewegend, aber in der "Bild"-Zeitung gibt es "schon
besonders viele Auffälligkeiten in der Berichterstattung", so die "Bildblog"-Macher, die bis auf den Berliner Journalisten Christoph Schultheis ungenannt bleiben.

Obwohl "Bildblog" für die Macher nach eigener Auskunft nur ein Hobby ist, mit dem kein Geld verdient werden soll, wollen sie durchaus "professionell" arbeiten. Und zwar mit der nötigen journalistischen Sorgfalt, die sie bei der "Bild"-Zeitung vermissen.

Die "Bildblogger" rund um Schultheis sin
d wie viele Weblog-Betreiber Journalisten, die sich die Form des Weblogs zunutze machen. Damit "mischen sie" vielleicht "das Netz auf", wie einer der Herausgeber des Buches "Blogs!" schreibt, bilden aber keine neue Art von Journalisten, die den klassischen Journalismus revolutionieren. 

Wer als Betreiber eines Weblogs sauber recherchiert und sich ansonsten an die journalistischen Qualitätskriterien hält, ist schlicht ein Journalist, der eine neue technische Darstellungsform (in Abgrenzung zur journalistischen Darstellungsform!) im Web nutzt: eben ein Weblog und beispielsweise keine Reportage in einem Online-Magazin. Denn Weblogs sind schneller zu aktualisieren, oftmals an ein bequemes Redaktionssystem angeschlossen und nicht selten kostenlos im Netz verfügbar. Jeder kann in fünf Minuten ohne technische Kenntnisse ein eigenes Weblog beginnen und damit ohne Kontrolle durch eine Chefredaktion oder eine Verlagsleitung frei seine Meinung äußern. Ist das Projekt von guter Qualität, kommen die Leser meist von allein. Die Inhalte der Weblogs sind demnach entscheidend, nicht die Form. Denn die Form ist allen Weblogs gemein.

Einem "Gegenschlag" des Axel Springer Verlages sehen die "BildBlog"-Macher übrigens
gelassen entgegen. Schließlich begleite und kommentiere "BildBlog" nur die Berichterstattung von "Europas größter Tageszeitung". Das täten die etablierten Medien schließlich schon seit Jahren. Nur nicht täglich an der gleichen Stelle und mit soviel Energie.

AUSGABE 40
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